Feminismus, Alter!

Bild 156Ich bin Feministin. Nein, jetzt kommt nicht das Aber, das Frauen dann meistens hinterschieben. „Aber ich bin keine Männerhasserin.“ „Aber Alice Schwarzer find ich zu extrem.“ oder, noch besser: „Aber ich sehe trotzdem gut aus.“ Hinter diesen Sätzen steht unausgesprochen: „Bitte hab mich trotzdem lieb.“


Denn Feministinnen werden eben nicht gemocht. Die gelten als unattraktiv, weil nicht akkurat gekleidet, schlecht rasiert und unangenehm großmäulig. Mir ist das ziemlich egal. (Okay, nicht ganz, aber ich gebe mir Mühe.) Doch lange genug ausgeholt.  Ich habe kürzlich für eine Freundin ein paar Lesetipps zum Thema Feminismus zusammengestellt – und habe sie euch aufgeschrieben. Hier also meine Top-Ten-Feminismus-Lektüre-Liste (Achtung, subjektiv!):

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10. „Feuchtgebiete“ von Charlotte Roche. Okay, kein per se feministisches Buch. Aber, hey, eine gute Selbsttherapie, um zu testen: Wo ist meine Ekelgrenze? Ich halte mich nicht für zimperlich, aber, hey, ich habe sie ziemlich schnell gefunden.

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Zeichnung, gesehen 2009 in Budapest

9. „Das Unbehagen der Geschlechter“ von Judith Butler. Die These ist kühn: Es gibt kein biologisches Männlich und Weiblich, sondern nur das Konstrukt davon, also das, was wir so nennen. Krasser Gedanke, aber mir war das Buch zu verkopft und wissenschaftlich. Ich gebe zu: Hab`s nicht fertig gelesen.

8. „13 Künstlerinnen, die du kennen solltest“ von Bettina Schümann. Kinderbuch, aber eines, von denen es mehr geben sollte! Vorgestellt werden 13 weibliche Kunstschaffende und ihre Werke aus verschiedenen Epochen. Inklusive schöner Mitmachanleitungen für die Kleinen. Meine Nichte (damals zehn) fand es super.

7. „Vagina“ von Naomi Wolf. Dieses Buch ist dem weiblichen Genital gewidmet. Eine Huldigung, halb wissenschaftlich, halb esoterisch. Manches konnte ich nicht ganz ernst nehmen, aber es sind ein paar schöne Gedanken dabei.

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6. „Liebe Alice, liebe Barbara“ von Alice Schwarzer. Dieses autobiografische Buch über eine wunderbare Mädchen- und Frauenfreundschaft zeigt: Alice Schwarzer ist nicht die hetzende, steuerhinterziehende Kneifzange, als die sie gerne gesehen wird, sondern eine sehr gute Schreiberin mit einer spannenden Lebensgeschichte.

6. „Unsagbare Dinge. Sex, Lügen und Revolution“ von der britischen Journalistin Laurie Penny. Wahrscheinlich das aktuellste Buch in der Liste, Sehr politisch, polemisch. Gute gegen niedrigen Blutdruck!  Penny schreibt auch und vor allem über Befreiung auf ihrem Blog.

5.  Hier könnte ein Buch stehen, das mir gerade nicht einfällt. Tipps nehme ich gerne in den Kommentaren entgegen.

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Alles Phallus oder was? Der Heldenplatz in Budapest, betrunken fotografiert.

4.Das „Missy Magazin“ ist kein Buch, aber eine sehr gut gemachte Zeitschrift von (jungen) Frauen für Frauen. Tolle Themen!

3. „Der kleine Unterschied und seine großen Folgen“ von Alice Schwarzer. In diesem Buch aus den Siebzigern kommen Frauen mit ihren Lebensgeschichten zu Wort. Es heißt, dass sich jede Frau in mindestens eine der Personen wiedererkennt. Das glaube ich sofort.

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Da war die Welt noch in Ordnung, NOT.

2. „How to be a Woman“ von Caitlin Moran. Dieses Buch beschreibt sehr unterhaltsam und lustig die Biografie und das nicht ganz reibungslose Frau-Werden der Autorin. Dringender Lesetipp!

1. „Das andere Geschlecht“ von Simone de Beauvoir. In diesem Wälzer, 1949 in Frankreich mit dem Titel „La deuxieme sexe“ erschienen, erzählt Beauvoir die Geschichte der Weiblichkeit von der Vorzeit bis ins 20. Jahrhundert.  Das Buch ist eine gigantische kulturhistorische und philosophische Abhandlung. Beauvoir hat damit den Grundstein für den modernen Feminismus gelegt. Bei mir hat`s jedenfalls mehr als einmal laut geklingelt, zum Beispiel wenn es darum geht, wie eng der weibliche Körper mit Scham verbunden ist und wie das schon kleinen Mädchen bei der Sauberkeitserziehung subtil vermittelt wird. Die Zeitung „Le Monde“ setzt es unter den 100 bedeutendsten Büchern des 20. Jahrhunderts auf Platz 11. Bei mir steht es auf Platz 1 der lebensverändernden Bücher.

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Selbstporträt auf öffentlicher Toilette.

Feminismus heißt für mich: Wir sind die Hälfte der Menschheit, also sollte uns auch die Hälfte der Welt gehören. Das ist eine simple Botschaft, aber oft sind es ja die einfachsten Dinge, die am schwersten durchzusetzen sind. In diesem Sinne: Packen wir`s an!


Außerdem empfehlenswert:  Bei Edition F gibt es eine Liste mit „Zehn Feministinnen, die mehr zu sagen haben als Alice Schwarzer“ .   Meine Schwiegermutter in spe schreibt einen sehr schönen, selbstironisch-kritischen Blog für die „Frau in den besten Jahren“ . Du kennst noch einen Lesetipp zum Thema? Dann hinterlasse einfach einen Kommentar, ich brauch ja noch nen fünften Platz.

7 Gedanken zu “Feminismus, Alter!

  1. Dein Artikel passt ein bisschen zu dem, was ich heute veröffentlicht habe. Von deiner Bücherliste kenne ich lediglich „Feuchtgebiete“ (meine Ekelgrenze fand ich auch recht schnell) und „How to be a Woman“, ein Buch, dass ich wirklich sehr mag. Auch die Frau mag ich.
    Alice Schwarzer mag ich nicht, ich hab sie in den 70ern und 80ern erlebt und fand sie schaiiizze. Ihre jüngsten Rollen als Exklusiv-Gerichtsreporterin für BILD fand ich noch viel schaiiiizzer.
    Simone de Beauvoir kenne ich nur theoretisch 😉
    LG
    Sabiene

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    • Hallo Sabiene, ja das hab ich auch gesehen, passt gut 🙂

      Zu Alice Schwarzer: Ja, die Frau polarisiert, aber bei allem was an ihr kritisiert wird muss man auch immer fragen, ob das auch kritisiert würde, wenn sie ein Mann wäre. Die Machtkämpfe in der Emma z.B. – wenn ein männlicher Chefredaktuer machtfixiert und cholerisch ist, ist das normal (gehört schon fast zur Stellenbeschreibung ;-), bei einer Frau ist das aber bä bä.

      Das mit der Bild fand ich auch blöd.

      Trotz allem kann ich beide Bücher uneingeschränkt empfehlen!

      Viele Grüße
      mara

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      • „Die Machtkämpfe in der Emma z.B. – wenn ein männlicher Chefredaktuer machtfixiert und cholerisch ist, ist das normal (gehört schon fast zur Stellenbeschreibung ;-), bei einer Frau ist das aber bä bä.“

        Ich denke es spielt auch mit hinein, dass sie eben als Feministin daran gemessen wird, ob ihre Taten zu ihrem Programm passen. Und da hat es eben einen gewissen Geschmack, wenn sie auf eine sehr dominante Art auftritt und Leute feuert, weil sie eine andere Einstellung als sie zum Verhältnis von Beruf und Familie etc haben. Es hat eben was von „Männern Unterdrückung vorwerfen, aber dann Frauen feuern, die sich weiblicher verhalten als sie“
        Wobei sie eigentlich der Vorwurf weniger trifft, denn Beauvoir hat ja, wenn ich sie richtig verstanden habe, durchaus immer gefordert, dass sich Frauen wie Männer verhalten und so aus ihrer Rolle ausbrechen und Schwarzer ist ja eine Beauviorianerin.
        Aber es befleckt eben trotzdem die Vorstellung, dass mit Frauen im Vorstand alles besser werden würde. Bei dieser Vorgehensweise würde sich insoweit wahrscheinlich gar nicht so viel ändern

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  2. Butler und Beauvoir habe ich auch gelesen, war aber beide Male etwas enttäuscht.
    Sie bringen ja kaum Argumente.

    Ich empfehle immer mal ein Buch zu lesen, welches eine ganz andere Sicht darstellt, das lässt einen auch die eigenen Theorien besser verstehen, in der Abgrenzung.

    Gute Bücher dafür sind
    David Geary, Male/female
    Und
    Warren Farrell, the Myth of male power

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