Interview mit einem Flüchtling

10156013_121872338173261_4931248912075715494_nNadim ist 27 jahre alt, Ingenieur und aus der syrischen Stadt Idlib geflohen. Lea-Katrin ist 17 und besucht ein Gymnasium in Darmstadt. Nadim lebt in einer Turnhalle neben Leas Schule. Getroffen haben die beiden sich am Kiosk um die Ecke – und als sie gemerkt haben, dass sie beide Animes mögen, haben sie sich angefreundet. Für ihre Schülerzeitung hat Lea-Katrin Nadim auf Englisch interviewt. Beide haben mir erlaubt, den übersetzten Text hier noch einmal zu veröffentlichen. Das Gespräch wurde vor den grausamen Ereignissen in Paris vom 13. November geführt – aber die Botschaft, die darin vorkommt, ist danach wichtiger denn je!

Lea: Nadim, wie ist dein Leben in Deutschland, besonders momentan in Darmstadt?

Nadim: Da wir erst sehr kurz hier sind, kann ich nicht viel zu dem Leben in Deutschland sagen, aber ich habe das Leben in Darmstadt gesehen. Es wirkt sehr nett und leise, alle Menschen hier arbeiten und haben ein leises Leben. Ich liebe den Lebensstil hier.

Lea: Wann bist du in Darmstadt angekommen und wie war dein Weg hierher?

Nadim: Ich bin hier seit 20 Tagen, die Geschichte über den Weg von Syrien hierher ist sehr, sehr lang.

Lea: Kannst du den Ort, wo du nun lebst, beschreiben und wie man euch behandelt?

Nadim: Ich weiß nicht, wie sie uns behandeln sollten, ich war in vielen Ländern, bevor ich nach Deutschland kam und dieses finde ich am besten, denn wir sehen lächelnde Gesichter jeden Tag und das bedeutet viel für uns. Wir leben in einer Basketballhalle, ich glaube, du weißt wo. Wir schlafen in Gruppen zu 50,  Familien und Singles. Unsere Halle ist sehr groß und die Armee versorgt uns. Wir haben Bäder und Toiletten, einen Ort zum Beten und zum Waschen und Freiwillige amüsieren die Kinder. Es gibt auch einige, die uns helfen Deutsch zu lernen. Sicherheitsleute überwachen den ganzen Platz.

Lea: Möchtest du in Deutschland bleiben, auch wenn der Krieg endet?

Nadim: Ich liebe mein Land, und ich hoffe, dass der Krieg endet, damit ich zurückkehren kann. Aber solange ich hier bin, möchte ich mein Bestes geben, um etwas mit meinem Wissen und für die Zivilisation tun zu können.

Lea: Warum bist Du nach Deutschland und in kein anderes Land gekommen?

Nadim: Ich kam nach Deutschland, da es ein Land ist, das für geschätzte Rechte steht, für Freundlichkeit, Sicherheit und für ein magisches Lächeln auf jedermanns Gesicht.

Lea: Wie hast Du vorher in Syrien gelebt?

Nadim: Als der Krieg begann, stoppte alles Leben. Stell Dir vor, dass Du keine Sicherheit hast und jede Minute Angst vor dem Tod. So würde ich unser Leben während des Krieges beschreiben.

Lea: Was könnten wir tun, um euch zu helfen?

Nadim: Ich weiß es nicht genau. Aber du kannst uns helfen, wenn du bei uns bist, vielleicht auch uns etwas Deutsch beibringst, uns zuhörst und vielleicht uns bei Organisationen hilfst, wie beispielsweise Sportevents.

Lea: Was möchtest du den Menschen in Darmstadt sagen?

Nadim: Danke Darmstadt, danke lächelnde Menschen, danke an alle die für uns sorgen und danke an alle Freiwilligen, die zu uns kamen, um uns zu helfen. Wir sind nicht hier, um eure Konkurrenz zu sein, nicht um euch euren Platz wegzunehmen. Wir sind hier, um unser Leben zu retten, wir können dafür arbeiten und das werden wir tun, wenn ihr uns lasst. Wir sind keine Monster, keine Terroristen, wir ignorieren euch nicht und wir sind nicht nutzlos. Wir sind Doktoren, Richter, Ingenieure. Wir sind wie ihr, nur ohne die Sicherheit unseres Landes. Lasst uns uns beweisen.

Foto: privat

5 Gedanken zu “Interview mit einem Flüchtling

  1. Das ist ein sehr wichtiger Beitrag. Wow. Ich finde ihn klasse. Oft wird einfach nicht darüber nachgedacht, was hinter all den Schicksalen steckt. Sie haben alles verloren. Was würde man selbst machen, wenn es soweit kommt?
    Regt zum Denken an… Danke

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