Eigentlich wegen einer Hochzeit in Ungarn zu Besuch, waren mein Freund und ich am Sonntagabend am Budapester Ostbahnhof (Keleti pályaudvar), wo in den vergangenen Wochen Hunderte von Flüchtlingen gestrandet waren.
Am Sonntagabend hatte sich die Situation schon massiv entschärft, da die Flüchtlinge, wie ihr bestimmt mitbekommen habt, mittlerweile nach Österreich und Deutschland weiterreisen dürfen. Trotzdem hausen noch immer Menschen dort, in der Transitzone zwischen Bahnhof und Metro.
Ich bin keine Krisen-Fotografin und nicht abgebrüht genug, deswegen konnte ich keine Nahaufnahmen von den kampierenden Familien machen, die ihr Abendessen auf dem Boden zu sich nehmen. Ich hab es einfach nicht übers Herz gebracht, so nah ranzugehen, abzudrücken und noch dazu ein gestochen scharfes Bild zu schießen. Aber ich habe ein paar Eindrücke aufschnappen können.
Helfer organisieren Schuh- und Kleiderspenden, verteilen Lebensmittel und untersuchen Kranke – ohne Unterstützung von der Regierung oder Hilfsorganisationen wie dem Roten Kreuz. „Die sind zu nah dran an der Regierung, deswegen helfen sie nicht“, meint einer der Freiwillgen.
Das ist die einzige öffentliche Wasserquelle in der Transitzone.
In einem Gang sehen wir, wie zwei Jungs Sachen durchwühlen und Ruchsäcke ausleeren. Wir sind empört – bis wir verstehen. Das hier sind verlassene Lager, von Menschen, die weitergereist sind. Auch Helfer holen hier Decken aus leer stehenden Zelten.
Ein Stockwerk drüber, in der Bahnhofshalle, treffen wir Mária, eine Freiwillige.
Sie ist gerade dabei, Geld für Fahrkarten zu sammeln, damit eine Gruppe von jungen Afghanen den heute letzten Zug nach Deutschland nehmen kann. Vorher gab es Busse aus Österreich, um Flüchtlinge abzuholen berichtet sie, aber die Plätze haben nicht für alle gereicht. Und unter denen, die nicht mehr rein konnten, machte sich Panik breit. Niemand will hier in Ungarn bleiben, unter diesen Bedingungen. Der ungarischen Regierung trauen die Flüchtlinhe ohnehin nicht mehr, seitdem am Freitagabend ein Zug Richtung Österreich in ein ungarisches Flüchtlinscamp umgeleitet wurde. Auch die Nachricht von den 71 Toten in einem Schlepperfahrzeug hat schnell die Runde gemacht. Und so sind die Helfer hier die einzigen, denen die Menschen trauen können. Sie erklären den Flüchtlingen auf Zetteln am Gleis sogar die Route Richtung Österreich.
Um 21 Uhr fährt der Zug über die ungarische Grenzstadt Hegyeshalom und Zürich nach München. Die Zeit drängt.
In der Clique wird es hektisch und laut, Kamerateams und Journalisten drängen sich um sie. Dann ist klar: Die gespendeten Tickets reichen für alle.
Mária begleitet „ihre“ Flüchtlinge ans Gleis und winkt ihnen noch einmal zu.
Noch, als wir uns schon umgedreht haben, hören wir die Jungs jubeln. Dann steigen sie ein.
Nur bei Instagram gesehen habe ich diese Warnung vor Schleppern, die am Bahnhof kursiert.
Lese-Empfehlung zum Thema Ungarn und Flüchtlinge: „Böse Ungarn, gute Deutsche“ von Jens Berger (von Freitag, 4. September, aber immer noch lesenswert!)
Sehr beeindruckende Fotos und ich kann gut verstehen, dass du keine Nahaufnahme von den Flüchtlingen hast machen wollen – ich hätte das auch nicht gekonnt. Und es reicht eigentlich auch das Foto von der Wasserquelle, um die Situation zu verstehen.
LG
Sabiene
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Es ist eben doch was anderes, ob man was im TV sieht oder direkt daneben steht….
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Ja, jedes Foto geht einem nahe… Danke für deinen Bericht.
Ich hoffe, ihr hattet trotzdem eine schöne Hochzeitsfeier!
LG Sabine
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Danke für das Lob! Die Hochzeit war toll, und noch dazu am Abend davor. Ich freue mich über Follower und wenn du den Link bei Facebook Teiler und meinen Blog weiterempfiehlst!
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